Stell dir mal vor in einer Stadt zu leben, in der der komplette innerstädtische Bereich frei von Autos ist. Vielleicht machst du wie bei einer Meditation einfach mal die Augen zu und lässt dir die Vorstellung bildlich am Beispiel Klagenfurt durch den Kopf gehen. Wie sähe das wohl aus? In meinem Kopf habe ich Bilder von einer lebendigen Innenstadt, in der die Straßen voll von Menschen sind, die Cafés viel mehr Outdoor-Sitzmöglichkeiten anbieten und begrünte Flächen das Stadtbild verschönern. Hast du diese Bilder auch? Klar, im Traum stellt man sich die schönen Dinge immer ganz leicht vor. Wenn du deine Augen wieder öffnest, gehen dir wahrscheinlich als erstes die Probleme einer autofreien Innenstadt durch den Kopf. Wo sollen die AnwohnerInnen parken? Wie soll der Handel seine Waren ohne Auto in die Stadt bekommen? Und vor allem: Wo soll ich parken, wenn ich mal in die Stadt will?
Diesen „Häufig gestellten Fragen“ möchte ich Form eines FAQ (Frequently Asked Questions) nachgehen, und aufzuzeigen wie das Ganze in Klagenfurt funktionieren könnte.
1. Welcher autofreie Bereich wäre in Klagenfurt vorstellbar?
Naheliegend wäre den kompletten Bereich innerhalb des Rings autofrei zu gestalten. Natürlich beginnt der innerstädtische Bereich nicht erst innerhalb des Rings, allerdings dürfte die infrastrukturelle Umsetzung in dieser Zone deutlich leichter sein. Daher wollen wir einmal den Bereich innerhalb des Rings als räumliche Abgrenzung nehmen wenn es im folgenden um „Autofreie Innenstadt“ geht. Um das Ganze einordnen zu können: Von einer Seite des Rings zur anderen sind es gerade einmal 800 Meter Luftlinie. Laut Google Maps 9 min Fußweg.
2. Was sollen AnwohnerInnen und Handel machen, wenn die Innenstadt autofrei ist?
Hier muss es selbstverständlich Ausnahmen geben! AnwohnerInnen und Handel könnten AnwohnerInnenausweise bzw. LieferantInnenausweise bekommen, welche zur Einfahrt berechtigen. Die bereits vorhandenen Parkhäuser im innerstädtischen Bereich könnten als AnwohnerInnenparkplätze genutzt werden. Auch eine zeitlich begrenzte Standzeit zur Be-/Entladung könnte eingeführt werden. Somit würden keine Nachteile für AnwohnerInnen entstehen.
3. Wo sollen Menschen parken, wenn sie mit dem Auto kommen, um die Innenstadt zu besuchen?
Dafür müsste ein möglichst kostenloses Parkplatzangebot außerhalb des Rings geschaffen werden. Am besten in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt. Da Klagenfurt ohnehin nicht besonders groß ist, sollte sich der Fußweg vom Parkplatz zur Stadt in Grenzen halten. Wenn die benötigten Parkflächen in der Nähe zur Innenstadt nicht ausreichen, könnte man durch einen kostenlosen (Shuttle)-Bus auch auf etwas entferntere Parkflächen ausweichen.
4. Würde der Handel davon nicht wirtschaftlichen Schaden nehmen? Schließlich ist die Hemmschwelle für Tagesbesucher doch viel höher?
Die Sorge kann anhand des Beispiels der Stadt Pontevedra in Spanien schnell genommen werden. Dort wurde vor 22 Jahren die Innenstadt zur „Autofreien Zone“ erklärt. Der Handel äußerte damals starke Bedenken und fürchtete einen Umsatzeinbruch. Doch der gegenteilige Effekt trat ein: Durch die Verbannung der Autos lud die Stadt viel mehr zum Verweilen und Bummeln ein. In Folge dessen konnte der Handel deutlich höhere Umsätze verbuchen, weil deutlich mehr Menschen die Innenstadt besuchten.
Das zeigt also, dass durch weniger Autos mehr Leben in einer Innenstadt möglich wird. Der Handel kann höhere Umsätze erwirtschaften und die Besucher bekommen eine lebendigere Stadt. Gleichzeitig wird die Stadt klimafreundlicher. Auch kein ganz unwesentlicher Aspekt.
5. Was passiert mit den Straßen, wenn diese nicht mehr von Autos genutzt werden?
Zunächst einmal müssen die Straßen befahrbar bleiben, damit AnwohnerInnen und der Handel diese nutzen können. Durch die erheblich sinkende Befahrung dieser Straßen könnte allerdings die Fahrspur verkleinert werden. Das würde mehrere positive Effekte mit sich ziehen: Mehr Platz für Outdoor-Bereiche von Cafés entsteht, mehr Flächen für die Begrünung der Innenstadt & mehr Platz zur Errichtung von Spielplätzen und anderen Freizeitanlagen sind verfügbar.
Die Straße sollte trotzdem mehr den Charakter einer Fußgängerzone haben, als den einer Fahrspur. Tempo 30 für alle noch berechtigten Autos und Vorfahrt für FußgängerInnen und FahrradfahrerInnen.
6. Was sollen Menschen machen, die zu Fuß weniger mobil sind oder schwere Sachen zu transportieren haben?
Menschen, die zu Fuß gar keine oder nur kurze Strecken zurücklegen können, sollten auf (Elektro)-Shuttles in der Innenstadt zurückgreifen können. Barrierefrei natürlich. Je nach Ausbau könnte dieses Angebot auch für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden. Die Notwendigkeit dürfte sich dabei aufgrund der geringen Größe Klagenfurts jedoch in Maßen halten. Wer schwere Dinge in der Stadt zu transportieren hat, könnte (mit einer maximalen Parkdauer von 15 Minuten) weiterhin in die Innenstadt fahren dürfen.
Dass eine autofreie Innenstadt umsetzbar ist, zeigen die Beispiele unzähliger anderer Städte. Dafür braucht es allerdings den Mut von Politik und BewohnerInnen, eine solche Veränderung anzupacken und zuzulassen. Probleme bei der Umsetzung einer autofreien Innenstadt wird es mit Sicherheit geben. Doch mit dem richtigen Willen löst sich so manches Problem von ganz allein.
Hup-hup!
geschrieben von Samuel Hérault
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