Xerxes führte uns…
Xerxes hat uns ins Nichts geführt!
Ute Liepolds Inszenierung von „Die Perser“, Aischylos grausig-schöne Schilderung vom Untergang des Perserreiches, kommt stilisiert daher. Schwarz und Gold dominieren. Michaela Haag hüllt die fünf Darsteller in schlichte und zugleich pompöse Kostüme. Durch Karla Fehlenbergers goldene (und für die Schauspieler zweifelsohne tückische) Rampenbühne, die sich perfekt in die Überbleibsel des Amphitheaters Virunum einschmiegt, wird das Konzept der Hybris visualisiert und die Zuschauer können beobachten, wie die Perser langsam, begleitet von Philip Kandlers kratzigem Soundtrack, ins Rutschen kommen und in den Abgrund schlittern.
Überragende schauspielerische Leistungen.
Doch erst durch die starken Darsteller wird aus einem sperrigen Stück ein rundes, fast ritualistisches Erlebnis. Liepold zeigt hier wie gut sie es versteht mit „ihren“ Schauspielern zu arbeiten. Selten habe ich ein so gut aufeinander eingespieltes Ensemble erlebt. Katrin Ackerl-Konstantin spielt stark wie immer. Sie entfernt sich als Atossa von der ihr zugesprochenen Rolle der tröstenden und klagenden Königsmutter sowie archetypischen Perserin, befreit sich von dem Korsett der sozialen Zwänge und tanzt sich in die Freiheit. Valentin Schreyer überbringt als Bote die erschütternde Nachricht von der Niederlage der Perser gegen die Griechen in der Seeschlacht von Salamis. Er hantelt sich dabei gekonnt durch den schwierigen Text und kann seiner platten Figur berührende Menschlichkeit abgewinnen. Eva Reinhold wettert als Chorführerin (und Stimme des Volkes) wütend gegen die Unbesonnenheit des Heeresführers und Perserkönigs, Xerxes.
Schelmischer Feldherr.
Den jedoch kümmert das wenig. Er schüttelt sich ab: rotzig-heuchlerisch übergibt er der Chorführerin teilnahmslos sein Leid und Scheitern in einem finalen (und ebenso genialen) Schlagabtausch und bereitet sich, so scheint es, innerlich schon auf den nächsten Feldzug vor: The Golden Boy, ready to rumble (again). Markus Achatzs schelmische Darstellung lockert die ernste (und teilweise sehr statische) Inszenierung auf. Er spielt Xerxes als selbstverliebtes, selbstgefälliges Muttersöhnchen, getränkt in unersättlichen Größenwahn. Marcus Thill hingegen legt die Rolle des Dareios, Xerxes Vater, als klassischen Feldherren und weisen Herrscher an. Zwei Männlichkeitsentwürfe prallen hier aufeinander: Der verspielte unbesonnene und der beherrschte Machtmensch.
Kärnten, das Schatzale.
Unverblümt, grob, aber durchaus passend, wird am Ende mit einem selbstverfassten wolkenflug-Text noch ein Kärnten-Bezug hergestellt: „Hypo, Heta, Haider…“, heißt es da im letzten Chorauftritt und die Message liegt gewollt schwer im Magen. Hochmut ist eine hartnäckige „Zivilisationskrankheit“: „Xerxes führte uns…Xerxes hat uns ins Nichts geführt!“. Nur mit dem Nichts muss Xerxes nicht leben. Das Schatzale „Hamat“ bleibt alleine zurück.
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