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Einzigartig: Der Schuhmodelleur von St. Paul

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Es gibt Dinge, die glaubt man nicht. Und es gibt Menschen die schustern nicht, sondern modellieren feinstes Leder zu Maßschuhwerk. Wie der Sascha Flössholzer in St. Paul im Lavanttal.

Als ich das Geschäft betrete, kniet der Meister gerade vor einem Kunden, der extra aus St.Veit angereist ist, und vermisst beide Füße auf das Genaueste. Ich warte und schaue interessiert zu, wie er konzentriert herumtüftelt. Es riecht angenehm nach Leder und Handwerk. Ruhe erfüllt den Raum. Dann verlässt der Kunde das Geschäft und ich frage ihn, was einen Modelleur von einem Schuster unterscheidet. Das sind zwei Berufe sagt er, und es gibt nicht viele, die das Modellieren erlernt haben. In Österreich sei er überhaupt der Einzige, der auf dem freien Markt für Menschen zugänglich ist. Daher kommen sie auch von weit her, um ihn an ihren Füßen Maß nehmen zu lassen. An normalen und an Problemfüßen mit Überbein, Fersensporn, zu hohem Rist…, und all jenen Abweichungen von der Norm, die uns Menschen erst ausmachen und von einander unterscheiden.

Weil die Schuhindustrie aber nur Einheitsnormen bietet, und schmerzende Füße einem das Leben richtig versauen können, leisten sich immer mehr Menschen den „Luxus“ Schuhe an den Fuß modellieren zu lassen. „Ich meine an jedem Fuß extra“, lacht der Sascha. D.h. jeder Fuß wird separat genau vermessen, die Daten werden dann in unser CAD System eingespeist. „Das Ergebnis ist schon sehr gut und ich bin auch der einzige Schuhhersteller, der so einen Aufwand betreibt. Aber es zahlt sich aus.“

Der Gläserne Schuh ist einzigartig.
Die Maße übernimmt der Leistendreher und stellt nach diesen, exakte individuelle Leisten aus Buchenholz von beiden Füßen her. Über den Holzleisten wird dann der sogenannte „Gläserne Schuh“ geformt. Sascha Flössholzer: “Damit erhalte ich  ein  transparentes Kunststoffmodell, einen Probeschuh, mit dem ich sofort bei der Anprobe feststelle ob und wo der Schuh noch drückt“. Danach wird der Holzleisten noch optimiert, wobei auch die Problemzonen im Detail ausmodelliert werden.

Von der Modeschule zum Modelleurmeister.
Angefangen hat alles mit der Modeschule für Kleidermacher in Villach. Weil er nach der Matura nicht studieren wollte, aber keine Arbeit fand, begann Sascha Flössholzer noch einmal ganz von vorn und absolvierte eine Schuhmacher Lehre in der damals noch sehr bedeutenden Gallus-Schuhfabrik in Wolfsberg. Zuerst Lehre, dann die Werkmeisterprüfung und danach die berühmte Modelleurschule ARS Sutoria in Mailand, inklusive der zweiten Meisterprüfung für Schuhmacher.
Schon während der Zeit als Industrie-Schuhmachermeister begann er hobbymäßig Maßschuhe anzufertigen, weil ihn die industrielle Fertigung nicht befriedigte, obwohl er laufend neue Techniken ausprobierte, um trotz Masse besondere Qualitäten zu erzeugen. Dann kam das Aus für die Schuhindustrie in Kärnten. Wo früher 4000 Beschäftigte etwa 75 % aller in Österreich gekauften Schuhe produzierten, passiert heute gar nichts mehr. Sascha Flössholzer bekam die Chance seine Techniken in Fernost weiterzuentwickeln und jettete mehrere Jahre durch die Welt. Aber das schmeckte ihm gar nicht. Er hasst die Vielfliegerei, sein Traum war es mit dem Rad in seine Arbeitsstätte fahren können. Und so kam es wie es kommen musste. Er machte sich selbstständig und eröffnete seine Schuh und Lederbekleidung Manufaktur am Hauptplatz in St. Paul im Lavanttal, bei der Einfahrt zum Parkplatz des Stiftes.

Modernste Feuerwehrstiefel für die ganze Welt.
Sascha Flössholzer liebt die Herausforderung. Neues zu konstruieren, und zur Produktionsreife zu treiben ist sein Element. Im Auftrag eines weltweit bekannten Ausstatters von Feuerwehren, konstruierte er in nur 100 Stunden den derzeit modernsten Einsatzstiefel für die Feuerwehren dieser Welt.

Von feinen Jagdstiefeln bis zu original Mokassins.
„Manche Kunden schicken, bevor sie zum Fußvermessen kommen, ein Foto vom ihrem Wunschschuh und fragen an, ob ich denn in der Lage wäre einen nach diesem Design  herzustellen“. Für Sascha Flössholzer ist das einfach, weil er jede Technik der Herstellung beherrscht und daher flexibel ist. „Trotzdem mache ich beim  Leder und in der Verarbeitung keine Kompromisse – und das wünschen sich die Kunden auch.“
In den letzten Jahren produzierte Sascha Flössholzer hauptsächlich edle Jagdstiefel, jetzt kommen aber mehr und mehr Leute, die sich fein gearbeitete Straßenschuhe individuell anfertigen lassen. Vor kurzem erst hat er einem Kunden ein Paar original Mokassins aus weißem Leder angefertigt. Sascha Flössholzer im Brustton der Überzeugung: „Ich kenne keinen in Österreich, außer mir, der diese spezielle Technik noch beherrscht.“ Seine Kunden trifft der Meister Modellierer genau drei mal: Beim Maß nehmen, beim Anpassen und beim Abholen. Dann oft jahrelang nicht mehr. Obwohl: bei den meisten bleibt es nicht bei einem Paar Schuhe. Die Folgeaufträge kommen, sobald die Kunden merken wie gut modellierte Maßschuhe den Füßen tun. Und dann gibt es ja noch die Bekleidung aus feinstem Hirschleder.
Aber das ist eine andere Geschichte.

Wie pflegt man einen modellierten Schuh:
„Ich verwende nur offenporiges Leder, das in einem aufwendigen Verfahren hergestellt wird. Das Leder nimmt den Schweiß auf und gibt ihn über Nacht wieder ab. Der Schuh hält viel aus, aber wer seine Schuhe 20 Jahre und länger haben möchte, spannt ihn nach jedem Tag mit einem Schuhspanner auf und lässt ihn mindestens einen Tag lang rasten.

Wer kann sich ein Paar modellierter Maßschuhe leisten?
Sascha Flössholzer rechnet vor: „An ein paar individuell angefertigten Maßschuhen arbeiten wir ca. 4 Wochen. Dafür investiert man ca. 800 Euro. Bei guter Pflege schauen sie 20 Jahre und länger aus wie neu. Aufs Jahr umgerechnet kostet also ein perfekt sitzendes Schuhwerk vielleicht 40 Euro“.
Das schreckt mich als Besucher jetzt nicht wirklich, weil bekannte Markenschuhe nicht viel weniger kosten, wenn überhaupt, und trotzdem Massenware bleiben. Das sollten uns unsere Füße schon wert sein, schließlich schont ein guter Schuh den ganzen Bewegungsapparat.

Zuschauen und Fragen stellen erlaubt.
Das Geschäft ist Schauraum, Werkstätte und Proberaum in einem. Interessenten können kommen, dem Meister und seinem Team bei der Arbeit über die Schulter schauen und dabei Fragen stellen. Sascha und auch seine Frau Claudia, ebenfalls Modelleurin, beantworten sie gerne. Das Schöne daran ist, niemand wird in ein Verkaufsgespräch verwickelt, es gibt Arbeit genug.

Leider konnte ich am Ende des Interviews nicht wiederstehen, eine Jacke aus Hirschleder mit Innenfutter aus mongolischer Schafwolle anzuprobieren. Das hätte ich nicht tun sollen, seit dem geht sie mir nicht mehr aus dem Kopf.

Weitere Informationen:
Masschuhe und Lederbekleidung Flössholzer
Hauptstrasse 6, St. Paul im Lavanttal

E-mail: safl@gmx.at
Tel. +43 (0) 664 509 61 17
Web: www.floessholzer.at

Bilder: © Redaktion/Gerhard Smuck

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