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Regenbogen-Zebrastreifen: Wichtig, sexy und mit aufgebauschtem Kosten-Drama

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Horrorcrash wegen Regenbogen-Zebrastreifen!“ Schon mal so eine Schlagzeile irgendwo gelesen? Nein? Schön. Ich nämlich auch nicht. Warum ich frage? Weil sich die Stadt Klagenfurt endlich getraut hat. Weil es seit der letzten Woche einen Regenbogen-Zebrastreifen am Heuplatz gibt. Wisst´s eh, dort bei den City Arkaden. Wo man gerne mal über den Zebrastreifen geht, obwohl die FußgängerIn-Ampel noch rot leuchtet. Natürlich nur, wenn weit und breit kein Auto zu sehen ist….

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Aber im Ernst: Die dortige Bodenmarkierung ist nicht nur bunt, sondern auch noch ziemlich fesch. Für Weltoffenheit stehen, sexy sein und zur Sicherung des Verkehrs beitragen. Bring das mal unter einen Hut!
Ich schweife ab. Ich frage nämlich auch deshalb, weil ein verwendetes Argument gegen die Installation des Regenbogen-Zebrastreifens tatsächlich die Verkehrssicherheit war. Seitens der Stadt kam das Argument zum Glück nur aus einer politischen Richtung. „Man halte sich an die Straßenverkehrsordnung von 1960.“

Das man sich im Lager der GegnerInnen nach dem Jahr 1960 richtet, überrascht mich jetzt nicht. Aber passt´s auf, jetzt wird’s lustig: Die gleichen Leutchen, welche dagegen waren, wollten den Zebrastreifen in den Kärntner Landesfarben einfärben lassen. So behauptet das zumindest der Bürgermeister. Nicht einfärben wollen, weil nicht sicher, aber doch einfärben wollen, weil…naja, Heimatfarben! Das grenzt dann schon an Realsatire. Dann sagt´s doch lieber gleich, dass es nicht euren „Werten“ und eurem „Bild von Familie“ entspricht. Das wäre wenigstens ehrlich. Als Autofahrer kann ich mir persönlich nämlich nur schwer vorstellen, dass weiße Streifen mit bunten Kontrasten eher übersehen werden als weiße Streifen mit grauen Kontrasten. In der STVO ist nur beschrieben, dass der Kontrast gegeben sein muss. Und das Schärfste wurde noch gar nicht erwähnt: Der Zebrastreifen liegt an einer Ampel. Bei einem Kreisverkehr. Noch mehr Sicherheit geht wohl kaum.


Aber schaut man in die Kommentarspalten der Social-Media-Seiten verschiedener Lokalredaktionen, vergeht einem das Lachen. Zwar gibt es ganz viele positive Kommentare und jede Menge Menschen, die das Signal der Stadt begrüßen, aber so geil liest sich es sich in der Kommentarspalte dann doch nicht. Weil sie leider auch vor Hass, Abneigung und Whataboutism überquillt. Whatabout-wie-bitte? Whataboutism! Ein rhetorischer Kniff, mit dem jemand (grob erklärt) u.a. ein Thema heruntergespielt, indem er ein völlig anderes ins Spiel bringt. Sagt Google so. Der Klassiker unter den Whataboutism-Fragen: „Aber haben wir keine anderen Probleme?“ Ein Satz, mit dem gerne dann um sich geworfen wird, wenn die Stärkeren Schwächere in die Schranken weisen wollen. Eine Keule, die sich so super und praktisch schwingen lässt und dabei jede Diskussion sofort erschlägt. Beispiele wie diese finden sich in den oben erwähnten Kommentarspalten jede Menge:

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Regenbogen-Zebrastreifen: Wichtig, sexy und mit aufgebauschtem Kosten-Drama 7


Aha. „Der Politiker ist den Steuerzahler*innen verpflichtet!“. Wenn es nicht so traurig wäre, fände ich den Satz ja schon fast wieder lustig. Dieser Mensch liefert sich hier de facto selbst das Gegenargument zum eigenen Standpunkt. Ich wüsste noch nichts davon, dass Menschen der LGTBQIA+-Community von Steuern befreit sind. Also lehne ich mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass „der Politiker den Steuerzahlern“ hier entgegenkommt, da sich das ganz viele Steuern zahlende Menschen gewünscht haben.
Außerdem: Wenn man das Ganze für so belanglos hält – warum meldet man sich dann überhaupt zu Wort?


Eigentlich wollte ich an dieser Stelle mit den negativen Kommentaren und den halblustigen Scheinargumenten der Regenbogen-Zebrastreifen-GegnerInnen aufhören. Allein die Wortkreation „Regenbogen-Zebrastreifen-GegnerInnen“ ist für mich schon ein Alarmsignal dafür, wie wenig Sinn das ganze Theater der Keine-Farbe-auf-der-Straße-Fraktion macht. Aber kaum habe ich den Absatz beendet, ist die – mittlerweile viel zu emotionalisierte-Diskussion um eine Farce reicher: Da lässt jemand ernsthaft einer Instagram-Seite mit guter, lokaler Reichweite die Rechnung für die Umsetzung des neuen Zebrastreifens zukommen, um bei den Leuten damit Stimmung zu machen.

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Prinzipiell sind wir ja bei IMSÜDEN der Meinung, das ein Regenbogen-Zebrastreifen ruhig etwas mehr kosten darf. Schließlich bringt er ja auch mehr! Aber dazu komm ich später, zuerst mal zu der Sache mit der Rechnung:

Die Erneuerung eines Zebrastreifens ist mit Sicherheit höher, wenn Fräskosten anfallen. Das ist in der Regel nichts ungewöhnliches. Bestätigt uns so auch unsere Auskunftsperson Andreas Vogelsam, der selbst ein Bodenmarkierungsunternehmen besitzt und die nötige Expertise besitzt. Herr Vogelsam meint auch, dass die Kosten für die Demarkierung viel zu hoch sind und nicht den marktüblichen Preisen entsprechen: „Selbst wenn man Personalkosten miteinrechnet und einen langen Transport vor sich hat, kann es sich bei einem Zebrastreifen dieser Größe in der Regel um maximal 3000- 4000€ Kosten für die Demarkierung handeln.“ Laut Rechnung kostete diese also das Doppelte der üblichen Höchstpreise. Entweder waren die Fräsmaschinen mit Swarovski-Steinen bestückt oder irgendwas ist gewaltig schief gelaufen.

Ironischerweise ist die für den Auftrag – und somit wohl auch für die Kosten – verantwortliche Referentin Sandra Wassermann jene, die von Anfang gegen das Projekt war und jetzt die Kosten am öffentlichkeitswirksamsten kritisiert. Wenn sie und das ihr unterstellte Straßenbauamt für den Auftrag zuständig waren und die marktüblichen Höchstpreise viel billiger sind, dann müsste sie das Ganze doch um einiges besser hinkriegen, oder? Ob politische Motivation, schlampige Arbeit oder irgendetwas anderes dahintersteckt: Das Fazit aus der Geschichte soll sich jeder selbst zusammenreimen. Die finale Beurteilung der Zahlen sei sei dem Kontrollamt überlassen.

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Aber Stopp, jetzt ist wirklich Schluss mit der Negativität. Zu viel davon passt nämlich nicht zu IMSÜDEN. Deshalb soll Eines mal an dieser Stelle erwähnt werden: Stadt Klagenfurt, habt ihr (eigentlich) geil gemacht! War wichtig! Daumen hoch! Weil ich es mir aber gar nicht anmaßen kann – und auch nicht will!- das hier komplett alleine für jene Menschen zu beurteilen, um die es hier eigentlich geht, hat mir Bea vom Verein Queer Klagenfurt ein aussagekräftiges Statement geschickt:

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„Die Übergriffe und der Vandalismusakt haben uns deutlich vor Augen geführt, wie wichtig Sichtbarkeit der Queer-Community im Öffentlichen Raum ist, und das nicht nur 30 Tage im Jahr (Pride Month Juni, Anm. d. Red.)! Mit dem Regenbogen Zebrastreifen wird ein deutliches Zeichen für mehr Diversität gesetzt. Hoffentlich ist dies auch ein erster Schritt in eine Zukunft, in der sich LGBTIQ+ Menschen auch außerhalb des Pride Month frei und ohne Angst im öffentlichen Raum bewegen können. Wenn Mensch sich über immense Ausgaben der Stadt echauffieren möchten, gibt es ganz andere Anschaffungen, die wirklich kritikwürdig sind.”

Das (fast) alle politischen Kräfte der Stadt die Umsetzung befürwortet haben und sich nicht vom Hate einiger Ewiggestriger in den bereits erwähnten Kommentarspalten beeindrucken haben lassen, finden wir auch top. Hoffentlich gibt´s in Zukunft noch mehr von dieser Einigkeit, wenn es um weltoffene, moderne Projekte und Urbanisierung geht. #makeklagenfurturban, eh schon wissen.


Außerdem tut es der Stadt doch gut, solche Signale auszusenden. Der neue Zebrastreifen hat´s dank einer Instagram Story der Schauspielerin Mischa Barton schon bis nach Hollywood geschafft und wird mit Sicherheit weiterhin ein weltoffenes, tolerantes Klagenfurt nach außen hin kommunizieren. Alleine der Werbewert dieser Instagram Story übersteigt die Kosten des Projekts!
Wenn man sich jetzt nicht auf den Lorbeeren ausruht und sich weiterhin mit der LGBTQIA – Community zusammensetzt, um deren Lebensrealität stetig zu verbessern, arbeitet man mit Sicherheit auch erfolgreich an einem der Dinge, die mit der Zeit mehr junge Leute hierherbringen können.


Und dann ist da noch der sexy Part! Also der ästhetische. Aus allen möglichen Ecken ist immer wieder zu vernehmen, dass man sich noch viel mehr Farbe für das Klagenfurter Stadtbild wünschen würde. Nach der bunten Gestaltung einer Wand im Lendhafen und diversen anderen Makeovers von öden Fassaden wird das Stadtbild jetzt also auch bei einem frequentierten Platz in der Innenstadt ein bisschen bunter.


Unter dem Strich also – trotz allem – eine wichtige Aktion der Stadt. Ein weiterer Baustein hin zu einer offenen, modernen Landeshauptstadt, auf dem hoffentlich weiter aufgebaut wird.

Ein Kommentar von Valentin Hermann

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