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„Tür auf, Tür zu“ – Kulturhof:Sommer 2016

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Das kapriziöse Türchen vor der Glamourwelt  – Ingrid Lausunds Stück „Tür auf, Tür zu“ portraitiert eine Gesellschaft, die kein „und“ kennt. Es gibt nur „entweder/oder“, keine Graustufen, nur Absolute. Entweder drinnen oder draußen.


Das zeigen auch die Kostüme: Minimalistische, bedruckte T-Shirts tragen zwei der Schauspieler. Die Shirts kommentieren die Handlung, dienen als Orientierung und sorgen mit Metakommentaren für Lacher zwischendurch. Clever – wie Markus Schöttls gesamte Inszenierung.

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Zahme Groteske.
Das Stück selbst lässt sich als überdrehtes „Warten auf Godot“ beschreiben. Nicht so schwierig wie Beckett, auch nicht so ikonisch-absurd, aber für ein starkes Ensemble gebaut, größtenteils abstrakt und über die ersten drei Akte hinweg sehr stimmig. Drei Darsteller: zwei Männer und eine Frau. Ein überforderter One-Man-Chor (Michael Kristof-Kranzelbinder), eine sprechende und singende, vor allem aber launische Tür (Mathias Krispin Bucher) und eine Frau (Sabine Kristof-Kranzelbinder), die ohne Begründung vor die Tür gesetzt wird und verzweifelt versucht, ihren Weg zurück in die Schicki-Micki-Gesellschaft zu finden, der aber letztendlich kein einziger Türversuch gelingt. Unterwürfige Arschkriecherei, Bestechung, Aggression, Strippen … nichts hilft.

Willkürliche soziale Auschlussmechanismen und gesellschaftliche Machtspiele werden der Lächerlichkeit preisgegeben. Ganz nebenbei werden Theatermechanismen entblößt und kommentiert. Wenn der Chor sich bei der Hauptfigur über seinen undankbaren Job beschwert oder kurzerhand eine Romanze verhindert, um das Stück kürzer zu halten, ist das nicht nur amüsantes, sondern auch niveauvolles Theater. Der Celebrity-Kult (Achtung: Seitenhiebe auf Kärntner Starnächte und oberpeinliche Schlagerstars inklusive!), der die Möchtegern-Gesellschaft bestimmt, wird allerdings nicht wild genug demontiert. Der Humor wirkt über weite Strecken harmlos und nicht so unangenehm-bissig, wie ich es mir gewünscht hätte.

Text-Schwächen.
Lausunds Gesellschaftsportait bricht im vierten Akt etwas ein. Hier wechselt das Stück Ton und Rhythmus. Die Hektik der ersten drei Akte weicht einem lethargischen Selbstmitleid. Es beginnt, sich zu ernst zu nehmen, und das wird schnell mühsam und ist auch völlig unnötig. „Vor der Tür“ bedeutet nun „arbeitslos“ und alle emotionalen Probleme, die damit verbunden sind, werden in generischen Dialogen breitgetreten. Das Stück selbst will zu viel und geht deshalb nicht weit genug.

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Ensemble-Stärken.
Doch hätte das Stück nicht seine Längen, könnte man das Spiel nicht genießen. Die sind nämlich wahnsinnig sehenswert. Michael Kristof-Kranzelbinders chameleonartige Leistung schüchtert schon fast ein. Verschmitzt und leichtfüßig tänzelt er über die Bühne und schlüpft mühelos in unzählige Rollen. Sein Pseudo-Kärntner Dialekt (ob nun Absicht oder nicht) lenkt nur manchmal ab und kann seinem Charme keinen Abbruch tun. Sabine Kristof-Kranzelbinder beweist Comedy-Timing und versucht auch im vierten und fünften Akt über Wasser zu bleiben. Mit ihrem berührenden Schlussmonolog schafft sie es schließlich, die Figur der Anneliz greifbar zu machen. Der heimliche Star ist allerdings der Multiinstrumentalist Mathias Krispin Bucher. Seine zurückhaltend charmanten (selbstgeschriebenen!) Chanson-Einlagen bieten dem Publikum Verschnaufpausen zwischen den perfekt getimten Slapstick Routinen, die in der ersten Hälfte überwiegen.

„Tür auf, Tür zu“ ist verspielt-unterhaltsam, kurzweilig, sophisticated und am Ende – Gott sei Dank – auch noch berührend. Das Team des Kulturhofes beweist einmal mehr, dass sich mit wenig Geld gutes Theater machen lässt – und das ist beeindruckend.

Weitere Infos: www.kulturhofsommer.at

Facebook: https://www.facebook.com/Kulturhofsommer

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