Gerhard Schöffmann ist Chef der KLV, der Kärntner Landesversicherung. Er sagt uns, warum sie zur Versicherung des Jahres gekürt wurde. Was sie anders macht, wann der Notknopf im Auto kommt und auch die Echtzeitversicherung. Und warum man Freunde nicht im Stich lässt.
„Der Herr Magister telefoniert, einen Moment noch bitte.“ Der Klassiker des Vorzimmers denke ich mir schmunzelnd und nehme mir vor, ihn dafür mit allen gängigen Klischees über Versicherungen zu nerven, und zu fragen, wie eine kleine Landesversicherung überhaupt im Wettbewerb bestehen kann und… weiter komme ich nicht, weil sich die Tür öffnet und Gerhard Schöffmann mich mit einem breiten Lachen willkommen heißt. Während wir im sonnendurchfluteten Büro Platz nehmen stelle ich fest, dass er so gar nicht meiner klischeehaften Vorstellung eines Krawattentragenden Versicherungsbosses entspricht, sondern einen sehr unkonventionellen Eindruck macht. Aber gut, vielleicht ist das hier im Süden generell anders. Der Ausblick auf den massiven Turm des Klagenfurter Domes und die Dächer der Stadt vermitteln ein Gefühl von Beständigkeit. Hier lässt es sich sicher gut arbeiten. Aktenberge sehe ich allerdings keine, dafür aber die Werke namhafter Kärntner Künstler an den Wänden. Und während sich der Zuckerwürfel im Kaffee auflöst, stelle ich die erste Frage.
IMSÜDEN.AT: Das Image der Versicherungen hat seit der Krise eine Talfahrt erlebt, weil einige Institute auf Kosten ihrer Kunden gezockt haben.
Gerhard Schöffmann: Bei solchen Risiko-Bankgeschäften hat die KLV gottlob nie mitgemacht. Wir haben uns immer auf den reinen Versicherungsmarkt konzentriert, und das Geld unserer Kunden immer sehr konservativ veranlagt. Und wir machen das auch heute noch genau so. Dem entsprechend hat auch keiner unsere Kunden Geld verloren. Im Gegenteil: auf Grund unserer stabilen Veranlagungsformen erhalten unsere Kunden, z. B. bei den Lebensversicherungen, noch immer eine Rendite von 3 %. Das ist in Zeiten wie diesen sehr viel, damit liegen wir auch unter den Top drei in Österreich. Imagekrise haben wir auch keine, wie eine groß angelegte Kundenbefragung des Österreichischen Finanz-Marketing-Verbandes erst vor kurzem ergeben hat, sondern einen äußerst erfreulichen Imagegewinn. In Punkto Kundenzufriedenheit schlagen wir die großen Versicherer auf allen Linien. Als regionaler David haben wir gegen die großen Goliaths in allen wichtigen Bereichen die Nase vorn.
IMSÜDEN.AT: Bedeutet Kundenzufriedenheit nicht in erster Linie, das die Versicherung im Schadensfall auch zahlt? Und wie wird man Versicherer des Jahres?
Gerhard Schöffmann: Geld ist nur ein Teilaspekt, allerdings ein wichtiger. In Wirklichkeit geht es aber um viel mehr. Um rasche Abwicklung und um die Organisation des gesamten Prozesses von der Prävention über den Schadensfall bis zur Wiederherstellung. Die Kunden sollen möglichst nichts davon merken. Auch die Kompetenz der Mitarbeiter spielt eine immer wichtigere Rolle. Wir haben jedenfalls in allen diesen Bereichen die Nase vorn. Beim generellen Zufriedenheitsgrad liegen wir bei sagenhaften 99 von möglichen 100 %. Bei der Weiterempfehlungsrate liegt der durchschnittliche Wert bei neun Punkten. Wir von der KLV haben hier den Spitzenwert von 33 Punkten erreicht und sind damit, zusammen mit der Vorarlberger Landesversicherung, zum Versicherer des Jahres gewählt worden. Dieser Spitzenwert ist allerdings auch das Ergebnis eines jahrelangen Bildungsprozesses in unserem Unternehmen.
IMSÜDEN.AT: Wie können regionale Versicherer, wie die KLV, aber in der Angebotsentwicklung und im Preiswettbewerb mit den Großen bestehen?
Gerhard Schöffmann: Die Spitzenwerte zeigen, dass sich wir regionalen Versicherer uns überhaupt nicht vor den internationalen Versicherungskonzernen fürchten müssen. Im Gegenteil. Flexibilität und Schnelligkeit schlägt Größe – und das beweisen wir nahezu täglich. Preislich können wir immer mithalten, weil wir eine Versicherung auf Gegenseitigkeit sind. Das heißt, wir haben keinen Eigentümer der uns Jahr für Jahr höhere Gewinne vorschreibt. Seit 1996 gehören wir auch nicht mehr dem Land, obwohl das noch immer manche glauben. Unsere Eigentümer waren und sind einzig und allein unsere Kunden. Wir müssen so viel verdienen, dass wir unsere Investitionen aus dem Cash Flow finanzieren können. Nicht mehr. Das nimmt sehr viel Druck weg und lässt uns Luft zum Atmen. Wenn wir besonders gut gewirtschaftet haben, bekommen Kunden am Jahresende sogar Geld zurück. Das war auch im letzten Jahr trotz der großen Hagelkatastrophe der Fall.
IMSÜDEN:AT: Kann man Flexibilität und Schnelligkeit der KLV an einem konkreten Beispiel festmachen, damit es nicht so nach Lehrbuchweisheit klingt.
Gerhard Schöffmann: Nehmen wir gleich das Beispiel Hagelkatastrophe. Die KFZ Versicherung ist unser größtes Segment, dementsprechend mussten wir auch nach dem großen Hagelsturm im vorigen Sommer ordentlich „bluten“. Wir haben aber alle 6.000 Kaskoschäden bis zum Jahresende abgewickelt. Das war einsamer Rekord und hat uns so nebenbei auch viele neue Kunden gebracht. Möglich sind aber solche Rekorde nur, weil unsere eigene Schadensabteilung hier im Land ist und nicht, wie heute üblich, aus Kostengründen in die Tschechei oder Slowakei ausgelagert wird. Darüberhinaus sind unsere 100 Berater fast überall in Kärnten zu Hause und dadurch näher beim Kunden. Und sie sind mit der umfassenden Kompetenz ausgestattet selbstständig zu entscheiden. Dementsprechend stark setzen sie sich auch für ihre Kunden ein. Das ist sicher auch ein wesentlicher Grund für unseren Spitzenplatz beim Thema Kundenzufriedenheit.
IMSÜDEN:AT: Warum ist die KLV gerade bei den KFZ Verträgen so stark? Eine Autoversicherung kann ich doch heute per Internet abfragen und vergleichen.
Gerhard Schöffmann: Vergleichen schon, aber Abschlüsse werden aus gutem Grund eher selten gemacht. Die Ab- und Anmeldung müssten dann die Kunden selbst erledigen. Wer steht schon gern in der Warteschlange oder montiert seine Nummerntafeln selber. Und dann erst die Schadensabwicklung. Wir wickeln Kaskoschäden so ab, dass die Kunden möglichst keinen Aufwand damit haben. Eine unserer zahlreichen Vertragswerkstätten in Kärnten kann den Schaden meist in kürzester Zeit beheben. Noch dazu übernehmen manche davon sogar einen Teil des Selbstbehaltes – und das bringt den Kunden auch noch einen finanziellen Vorteil. Wir waren auch die Ersten, die ein komplett neues Bonus-Malus-System eingeführt haben. Die Anpassungen erfolgen bei uns jährlich, und nicht wie sonst üblich alle zwei Jahre. Das spart den Kunden Geld. Wer eine bestimmte Zeit unfallfrei fährt hat sogar zwei Freischäden gut, und das ohne jeden Aufpreis.
IMSÜDEN:AT: Ab 2018 soll jedes neue Auto mit einem Notknopf ausgestattet sein. Was bringt das und was bringt das den Versicherungen?
Gerhard Schöffmann: Vorerst noch nix. Die Hersteller namhafter Marken wissen allerdings schon seit Jahren viel mehr über uns Autofahrer, als wir ahnen. Entsprechende Chips im Auto zeichnen sogar auf, wann wir tanken und ob wir angeschnallt zur Tankstelle gefahren sind. Nur sind diese Daten bisher weder der Polizei noch den Versicherungen zugänglich. Der sogenannte Notknopf ist ab 2018 verpflichtend in jedem Neuwagen vorhanden und ein weiterer Schritt hin zum gläsernen Autofahrer. Früher oder später werden wir jeden Unfall oder Schaden automatisch rekonstruieren können, und so genau wissen, wer sich wie verhalten hat. Das könnte uns aber auch eine Vielzahl von Streitigkeiten ersparen, weil die Sachlage klarer ist. Die Frage ist wer, außer den Herstellern, Zugang zu den Daten bekommen wird.
IMSÜDEN:AT: Bei den vielen Schadensbehebungen ist die KLV doch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Was bleibt von den vielen Aufträgen im Land?
Gerhard Schöffmann: Bei rund 40.000 Schadensfällen im Jahr fließen allein durch uns der Wirtschaft Aufträge in mehrstelliger Millionenhöhe zu. Aber egal ob KFZ, Haus oder sonst was: wir achten immer und strikt darauf, dass die gesamte Wertschöpfung in Kärnten bleibt. Wir beauftragen also ausschließlich Kärntner Firmen. Gerade in schwierigen Zeiten fühlen wir uns dem Land verpflichtet, und das meine ich nicht als Werbespruch. Als es darum ging welche und wie viele Postämter zugesperrt werden, haben wir eine Zeit lang unsere Briefe, und das sind oft tausende pro Tag, in den entlegensten Postämtern aufgegeben, um dadurch eine Schließung zu verhindern. Die Postlerinnen und Postler dort haben gestempelt wie nie zuvor. Schließungen konnten wir, wenn auch nicht immer verhindern, zumindest hinauszögern. Jedenfalls haben wir getan was möglich war.
IMSÜDEN.AT: Die KLV war im Volksmund lange Zeit als Hagelversicherer der Landwirte bekannt. Warum ist sie heute die größte Haushaltsversicherung.
Gerhard Schöffmann: Die Kärntner Landesversicherung wurde im Jahre 1899 vom Land gegründet, weil die damals noch sehr zahlreichen Bauernhöfe aufgrund der vielen Brände niemand mehr versichern wollte. Wir haben dann bald gelernt, dass vorbeugen besser ist als heilen. Noch heute wirken wir präventiv, d.h. machen alles um Schäden möglichst zu vermeiden. Die Bedeutung der Landwirtschaft ist natürlich heute eine viel geringere als damals, aber diese Vorgangsweise hat uns auch bei der normalen Haushaltsversicherung zum Marktführer in Kärnten gemacht. Beim Eigentum widmen wir uns seit Jahren sehr stark dem Thema Sicherheit und Einbruchschutz. Und was danach zu tun ist.
IMSÜDEN:AT: Heuer scheint wieder so ein Katastrophenjahr zu werden. Warum sind Naturkatastrophen nicht versicherbar. Was passiert ist im Falle von Terrorismus?
Gerhard Schöffmann: Leider passiert hier seit 15 Jahren nix. So lange haben die Finanzminister ganz einfache Lösungen für eine Volldeckung von den Versicherungen in der Schublade liegen. Wir wollen die Risiken aus Naturkatastrophen – also Hochwasser, Erdbeben oder auch den Terrorismus – an die Feuerversicherung binden. Ähnlich einer Pflichtversicherung. Die Kosten für den Einzelnen würden dafür nicht mehr als 15,00 Euro pro Jahr betragen. Der Finanzminister will nicht, weil es Steuercharakter hätte wenn jeder gleich viel „beisteuert“. Und wenn, eine sinnvollere Steuer kann ich mir in diesen Zeiten kaum vorstellen.
IMSÜDEN:AT: Mit zunehmenden Alter orientieren sich Angebote und Leistungen an den Lebensjahren. Seit ich 50+ bin, bin plötzlich ich keine Zielgruppe mehr.
Gerhard Schöffmann: Wir von der KLV arbeiten seit einiger Zeit an einem komplett neuen Modell, das die verschiedenen Lebensphasen in den Mittelpunkt stellt und nicht etwa das Alter. Wir gehen eben davon aus, dass Lebensphasen die oft ganz spontan entstehen und viel gravierendere Bedürfnisänderungen mit sich bringen können als Altersphasen. Das beginnt schon, wenn man mit der Freundin zusammenzieht. Wenn eine Lehre beginnt, oder bei Heirat, Geburt, Scheidung, Hausbau, Hausverkauf und so weiter. Wir alle kennen diese Phasen und viele passieren unabhängig von Alter. Aber große Versicherer tun sich halt schwer mit ihren standardisierten Produkten. Als flexibler Regionalversicherer haben wir da sicher einen Vorteil den wir auch weidlich nutzen.
IMSÜDEN:AT: Was ist in der Freizeit. Im Winter zum Beispiel haben die Hubschrauber Hochsaison und bringen laufend Verletzte in die Kliniken. Wer zahlt?
Gerhard Schöffmann: Kommt drauf an ob und wie man versichert ist. In diesem Bereich wird sich die Versicherungswirtschaft generell umstellen müssen. Wir haben schon heute Anforderungen, auf die wir viel spontaner eingehen müssen. Ich denke an einer sogenannten Echtzeitversicherung führt in Zukunft kein Weg vorbei. Sobald ich die Schier anschnalle, drücke ich auf mein Smart App und meine Freizeitversicherung beginnt zu laufen. Sie stoppt, wenn ich sie wieder im Auto verstaue und kostet etwas mehr als in der Bürozeit, weil das Risiko ein ganz anderes ist.
IMSÜDEN:AT: Wie regional ist die Kärntner Landesversicherung wirklich und was bringt das noch, wenn sowieso jeder mit jedem online verbunden ist?
Gerhard Schöffmann: Wir sind in der Stadt stark und noch stärker am Land. Derzeit haben wir 13 Geschäftsstellen in ganz Kärnten. Da ist immer jemand vor Ort, der rasch und eigenständig Entscheidungen treffen kann. Während sonst alles abwandert, bauen wir dieses Netzwerk vor allem am Land noch weiter aus. Wenn es in einem Dorf schon kein Gasthaus mehr gibt, dann wenigstens einen Ansprechpartner der KLV. Beim Reden kommen halt immer noch die Leute zusammen.
IMSÜDEN.AT: Wie ist die Situation außerhalb Kärntens. Wie groß ist der Markt für die KLV zumindest theoretisch?
Gerhard Schöffmann: Außerhalb Kärntens arbeiten wir stark mit Versicherungsmaklern. Insgesamt über 1.000 an der Zahl. Aus der Erfahrung wissen wir, dass Kärnten einer der schwierigsten Märkte ist. Wer hier besteht, besteht überall. In Wien haben wir zum Beispiel enorme Zuwächse. Anfangs waren wir selbst ganz erstaunt bis wir erkannt haben, dass die Versicherungen dort noch nach dem Prinzip „Vogel friss oder stirb“ arbeiten. Selbst die erfolgreichen Makler müssen wochenlang um einen Termin bei der 2. Führungsebene anstehen. Der Generaldirektor ist sowieso nicht für jeden da. Zu mir kommt jeder direkt und ohne große Verzögerung. Das schätzt man ungemein. Und so soll es auch bleiben. Vom Markt her ist also noch genug Luft nach oben.
IMSÜDEN:AT: Angeblich soll es ja Menschen geben, die von ihrer Versicherung Leistungen verlangen, die erschwindelt sind.
Gerhard Schöffmann: Nach den Statistiken bewegt sich der Versicherungsbetrug zwischen 5 und 10 %. Wie hoch er bei uns ist, kann ich natürlich nicht genau sagen. Ich denke es hält sich in Grenzen. Vor allem dort, wo unsere Berater vor Ort sind und jeden Kunden persönlich kennen, pflegen wir überhaupt einen sehr freundschaftlichen Umgang und versuchen immer das Beste für sie heraus zu holen. Unser Motto: Freunde lässt man nicht im Stich. Freunde betrügt man aber auch nicht.
IMSÜDEN:AT: Die beste Versicherung ist aber doch die, die zahlt wenn man sie braucht.
Gerhard Schöffmann: Die beste Versicherung erbringt ihren Kunden Leistungen die man von einer Versicherung gar nicht erwartet.
Kontakt:
Mag. Gerhard Schöffmann
Sprecher des Vorstandes der
Kärntner Landesversicherung-KLV
E-mail: gerhard.schoeffmann@klv.at
PIX: Gerhard Smuck, Jost&Bayer, KLV
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