Die achte Klasse hat mich kurzzeitig K.O. geschlagen – aber jetzt, wo ich die Achte hinter mir und die zwei von mir am meisten gefürchteten Teile der Matura, nämlich VWA und Mathe schriftlich (und Englisch und Deutsch schriftlich halt), quasi in der Tasche habe (YES OLTA), fühle ich mich bereit dazu, das Trauma, das mir die Zentralmatura zugefügt hat, mithilfe dieses Textes hier zu therapieren.
Begonnen hat der ganze Prüfungsmarathon an einem Montag mit Deutsch, und lustig war es nicht. Aber als ich am Montagmorgen voller Zuversicht im Auto auf dem Weg zur Schule saß, war mir absolut keine Aufregung anzusehen – ich wusste ja, dass ich gut vorbereitet bin. Schließlich hatte ich am Vorabend den Textsortenkatalog genauestens gelernt… also durchgelesen. Naja, zumindest angesehen. Eigentlich war ich vollkommen unvorbereitet. Aber ich, als eine Person, der bis eine Woche vor Notenschluss noch ein Fleck in Mathe drohte, würde niemals auf die Idee kommen, vor der Matura für ein anderes Fach, als für Mathe, zu lernen. Außerdem: No risk, no fun, oder?
Ok, ich gebe zu, ich war schon echt arg nervös und hatte auch allen Grund dazu, als ich vor dem Turnsaal gemeinsam mit den anderen Maturant_innen auf meine Hinrichtung wartete und mir anhörte, wie viel die anderen gelernt hatten und eingestehen musste, dass das durchwegs mehr war, als das, was ich bereit war, für die Deutschmatura zu tun (nämlich nichts).
08:00 Uhr, die Tür zum Turnsaal, einem höllenähnlichen Ort den ich so oder so schon hasse wie Krebs, wurde geöffnet und wir alle wurden hineingescheucht. Widerstand? Zwecklos! Zu dem ohnehin schon vorhandenen alten, aber dennoch beißenden Schweißgeruch, der im Turnsaal seine Schwaden zieht, kam nun auch der Duft des Angstschweißes von uns Maturant_innen dazu. Also: Wir betraten den Turnsaal, es roch nach Schweiß, mein Herz klopfte, ich setzte mich und wartete.
08:30 Uhr, die Aufgabenhefte wurden ausgeteilt, es hieß, ab jetzt hätten wir eine halbe Stunde Zeit, um uns für eines von drei Themenpaketen zu entscheiden. Ich benötigte ganze drei Sekunden und das lag daran, dass ich von der Hälfte der Textsorten keine Ahnung hatte. Themenpaket 1? Gedichtinterpretation. Fix nicht! Themenpaket 2? Textanalyse. Ääähm nope! Themenpaket 3? Scheißegal, es kann eh nur besser werden. Wenn ich die nächsten fünf Stunden nicht planlos an die Kletterwand starren möchte, muss es wohl Thema 3 werden!
Und dann saßen wir da fünf Stunden lang. Hochkonzentriert, mit rauchenden Köpfen und kratzenden Kulis. Der Person, die sich ausgedacht hat, man müsse bei der Deutschmatura eine Reinschrift anfertigen, würde ich gerne mal meinen Kaugummi in die Haare kleben. Was soll das denn? Ich habe natürlich nicht damit gerechnet, dass ich für die depperte Reinschrift mehr als eine Stunde brauchen würde und bin natürlich nicht fertig geworden! Gut, ich hätte mir vielleicht mit dem Jausnen nicht so viel Zeit lassen sollen, aber das hat mir halt auch niemand gesagt. Abgesehen davon ist meine Reinschrift (wegen Zeitdruck) sowieso viel weniger leserlich, als meine Erstfassung – aber das ist eh nicht mein Problem, also was soll’s.
Ich hatte mir erwartet, dass ich, wenn ich den Turnsaal verlasse und weiß, Deutsch ist abgeschlossen, erleichtert sein würde. Aber ich war einfach nur müde und grantig, vor allem, weil ich wusste: Morgen ist Mathe!
Und dann war er da, der Tag, vor dem ich mich schon seit Jahren gefürchtet hatte. Der Tag meiner Mathematura. Bewaffnet mit Formelheften, Taschenrechner und Geo-Dreieck fühlte ich mich bereit zu kämpfen. Die Situation war mir eine vertraute:
07:50 Uhr, Zittern vor dem Turnsaal. Meine Ohren vernommen irgendein mathematisches Blabla, dass ich noch nie zuvor gehört hatte. Ich hatte ein wenig den Drang zu weinen, aber riss mich zusammen.
08:00 Uhr, die Türen wurden geöffnet, ich wollte schreien und wegrennen, ich entschied mich zu bleiben, mir wurde ein Platz zugeteilt, ich setzte mich, während ich wartete dachte ich mir: „16 Punkte, Alina! 16 Punkte!“ Ich wollte diese 16 Punkte, die ich für einen Vierer brauchte, einfach so sehr!!!
08:30 Uhr, meine Lehrerin knallte mir das Aufgabenheft vor die Nase. Mit bebender Hand öffnete ich dieses eklige Heft und versuchte mich vorzuarbeiten. Meine Laune verhielt sich indirekt proportional zu der Anzahl der Aufgaben, die ich nicht checkte und fiel streng monoton. Außerdem musste ich aufs Klo, aber durfte nicht. Danke Bifie für nichts. Bah!!! Dann nach zwei Stunden oder so wurde der erste Teil abgesammelt und wir durften endlich alle pinkeln gehen (JUHU). Im zweiten Teil machte ich die Aufgaben, die ich auf Anhieb verstand, danach blätterte ich aus Solidarität zu den anderen nur mehr im Aufgabenheft, um Zeit totzuschlagen. (Info: Wenn die erste Person abgegeben hat, dürfen alle anderen nicht mehr den Raum verlassen, um aufs Klo zu gehen.) Offiziell habe ich keine Ahnung, wie meine Mathe Matura ausgefallen ist, aber ein Stein hat mir geflüstert, die 16 Punkte seien mein!!!!!! Adieu liebe Mathematik, wir sehen uns nie wieder. Nun war ich tatsächlich etwas erleichtert und zur Feier des Tages hielt ich ein ausgedehntes Nachmittagsschläfchen.
Als ich aufwachte, musste ich ein allerletztes Mal meine Sachen packen und mich in diesen stinkenden Turnsaal begeben. Seltsamerweise habe ich an den Tag meiner Englischmatura nicht mehr ganz so viele Erinnerungen. Ich weiß noch, dass mir von einer Freundin, gleich als wir abgegeben hatten, ein Bier zugesteckt wurde.
Comments
0 comments