Wir waren in Kopenhagen um rauszufinden, wie wir den Süden zum StartUp-Mekka Mitteleuropas machen: Man braucht die richtigen Leute, die richtigen Orte, die richtige Bildung, Design, gutes Essen, Radwege, einen Schwerpunkt, Kohle und schlechtes Wetter! Bis auf Letzteres kann der Süden alles liefern oder lernen. Also hat unser Chefredakteur einfach mal zusammengefasst, was ab sofort am Lehrplan für’s StartUp-Ökosystem Süden steht.
Weil IMSÜDEN.AT so fresh und fancy ist, hat mich die Wirtschaftskammer Kärnten, gemeinsam mit der Landesregierung, schon 2015 auf eine „AUSSENWIRTSCHAFTSMISSION“ mit ins hippe Berlin genommen, um darüber zu berichten, wie StartUps aus dem Süden in der deutschen Hauptstadt Fuß fassen können (bitte genau hier nachzulesen). Weil IMSÜDEN.AT aber auch verdammt smart und stylisch ist, ging’s diesmal in den ganz hohen Norden, nach Kopenhagen, um herauszufinden was wir im Süden von D(A)ENEN lernen können. Blöd nur, dass IMSÜDEN.AT (noch!) nicht über das Budget verfügt den ganzen Süden im Alleingang zu verändern, also haben die Abteilung Aussenwirtschaft der Wirtschaftskammer Kärnten (unter Meinrad Höfferer und der umsichtigen Reiseleiterin Silke Guggenbichler) und der Wirtschaftslandesrat Kärntens im Rahmen der Exportoffensive auch noch einschlägige Kärntner Politiker von Landes- und Gemeindeebene mitgenommen und erstmals auch deren „Umsetzer“: Büroleiter, Abteilungsleiter und sogar Geldverwalter vom KWF (Kärntner Wirtschafts Förderungsfond). Smart Move, denn diesmal ging es weniger darum Kärntner StartUps die Welt zu zeigen (wie damals in Berlin) als vielmehr darum „von den Besten zu lernen und es dann noch besser zu machen“, so das Motto der „Factfinding-Mission Start-Up-Ecosystem Copenhagen“, wie der Ausflug offiziell betitelt wurde.
Delegation mit StartUps aus AUT&SLO
Wir wollten also von den Dänen wissen, wie sie ihr schniekes StartUp-Ökosystem hinbekommen haben, warum bei ihnen alles so gut läuft, und was wir davon für den Süden klauen können. Und das nicht nur in Kärnten, sondern im ganzen Alpen-Adria-Raum. Erstmals wurden zu so einer Mission auch Keyplayer aus Italien und Slowenien eingeladen – und während die Italiener es leider verpennt haben, waren aus SLO mit Urban Lapajne von Start:up Slovenia, Rok Huber vom Slovene Enterprise Fund, Tomaš Levak von Prospeh und Uroš Čadeš von Ledcom gleich vier Mann dabei! So soll das sein im Süden. Dazu kamen Kärntner Start-Upper, wie etwa Holidays-on-Wheels, Harmony&Care, The Thinking, Living-Container und StartUp-Supplier, wie build!, Logmedia, Forum Velden, Uniforce, Otelo, das Institut für Zukunftskompetenzen und die Wirtschaftskammer selbst, vertreten durch Vizepräsidentin Silvia Gstättner und „Frau in der Wirtschaft„: Tanja Telesklav. Alles in allem eine illustre Runde, die von der österreichischen Wirtschaftsdeligierten in Dänemark Cosima Steiner und ihrem Projektmanager Tobias Gebetsberger kompetent und aufschlussreich durch das ganze Start-Up-Ökosystem getrieben wurden (Danke dafür und für das wunderbare Essen zwischendurch!).
Weltoffenheit: Wer klein ist, muss offen bleiben!
Dänen (zumindest die, die wir während der Wirtschaftsmission kennenlernen durften) verstehen sich als Teil der großen weiten Welt. Für eine Seefahrernation keine ungewöhnliche Einstellung, aber gerade für ein so kleines Land (5,7 Millionen Einwohner) mit einer so lustigen Sprache, in einer globalisierten Welt absolut lebensnotwendig! Davon könnte Österreich dringend mehr vertragen! Und nein, Weltoffenheit ist nicht wenn man die Speisekarte in der „Gräfin am Naschmarkt“ auf Englisch übersetzt, damit man die „Touris“ zweisprachig abzocken kann. Da wünsche ich mir eine Vorreiterrolle für Kärnten innerhalb Österreichs. Wir leben und arbeiten dort wo man einst „mit Blut die Grenze schrieb“ und heute nicht mal mehr einen Pass herzeigen muss. Wir sind nicht länger getrennt von unseren Nachbarn, den Kulturen und Wirtschaften, die uns und unsere Vorfahren ohnehin schon immer geprägt haben. Wir sind mitten im Herzen Europas – zwischen dem hohen Norden und dem sonnigen Süden. Wenn wir innerhalb von Österreich nicht die weltoffensten sein werden, wer bitte dann? Diese Chance sollten wir nutzen.
Machen wir aus dem 10. Oktober einen Tag der Nachbarschaft!
Vielleicht beginnen wir gleich (oder zumindest 2020, sowas muss ja immer erst mal etwas sacken) damit, dem Kärntner Landesfeiertag eine neue Richtung zu geben? Weil, simma uns ehrlich, wie lächerlich is es bitte nach 20 Jahren EU-Mitgliedschaft ernstlich zu feiern, dass man vor 100 Jahren keinen Teil „seiner Heimat“ an das Nachbarland „verloren“ hat, das schon längst auch zur EU gehört und ein enger Partner in unzähligen Bereichen ist. Lassen wir das. Machen wir doch einen NACHBARSCHAFTSTAG draus, wo die Kärntner die Slowenen besuchen und die Slowenen die Kärntner (für die Fetischisten von mir aus auch in Tracht)! Das wär doch mal ein schönes Zeichen für ein lebendiges Europa der Regionen, wär top für den Tourismus und außerdem hätten wir alle einen Tag frei!
Bildung statt Ausbildung: Alles lernen was wir wollen, lebenslang und überall!
Jetzt bin ich gleich zu Beginn recht weit abgeschweift vom Thema Start-Up-Ökosystem und den Dänen. Aber von diesen Grundlagen hängt vieles ab. Also schweifen wir jetzt zumindest mal zurück zu den Dänen, genauer gesagt zu einem Dänen, nämlich zu Nikolaj Frederik Severin Grundtvig. Der hat jetzt zwar kein StartUp, aber trotzdem einiges für das skandinavische Bildungssystem getan. Im 19 Jahrhundert hat er nämlich das Konzept des lebenslangen Lernens in den sogenannten „folkehøjskoler“ umgesetzt. Das sind, bis heute bestehende und vom Staat subventionierte, „Volkshochschulen“, in denen gemeinsam gelebt und gelernt wird (Hier eine Reportage von spiegel-online aus so einer Schule). Kein Wunder, dass der Mann heute Namensgeber für ein EU-Programm ist, das lebenslanges Lernen ermöglicht. Aber nicht nur Weiterbildung und Umbildung ist ein dänischer Trumpf, sondern die wissen dort natürlich auch, dass Reisen bildet. Also gehen fast alle Dänen, die es sich leisten können, nach der Schule mal ein Jahr auf Weltreise, leisten soziale oder kulturelle Hilfsdienste im Ausland und werden auch in diesem Mut zur „Lücke“ im Lebenslauf vom Staat unterstützt. Jetzt wissen wir auch woher die Weltoffenheit kommt…
Vergesst Graz und Wien, studieren wir in Triest und Ljubliana!
Nachdem wir jetzt grade keinen Nikolaj Frederik Severin Grundtvig im Süden zu bieten haben, könnten wir uns doch zumindest vorstellen, wie es wäre wenn alle SüdländerInnen nach der Schule mal eine Zeit im Ausland verbringen dürften und dann zurückkehrten um ihre Erfahrungen hier einzusetzen. Oder zumindest um mal was anderes gesehen und erlebt zu haben. Zum Glück haben wir beim Thema Hochschulbildung in den letzten Jahrzehnten aber eh kräftig verpennt und daher geht der Großteil von uns ohnehin ins „Ausland“, um zu studieren. Meistens nach Graz. Der Rest dann nach Wien. Dort sitzen wir mit den anderen Kärntnern zam und schimpfen über „daham“, bis wir einen Job in Wien oder Graz bekommen, oder doch wieder heimkommen, weil wir Kinder kriegen und dann von hier aus auf die „Großstadt“ schimpfen. Das geht jetzt nicht wirklich als Auslandserfahrung durch, find ich… Wie wäre es aber, wenn wir es in Kärnten schaffen die Studierenden bsplsw. nach Friaul zu schicken? Triest hat zum Beispiel auch eine gute Architekturfakultät und wesentlich mehr Meer als Wien, bei ähnlicher Ausstattung. Oder wie wäre es mit Lubbe? Da ist man auch schneller zaus als aus Graz und es lebt sich günstiger! Und stellen wir uns dann mal vor, diese Leute würden wieder zurück kommen nach Kärnten, oder noch besser, sie würden nicht zurückkommen! Was für starke Connections hätten wir plötzlich im Alpen-Adria-Raum?
Radfahren: Einfach gemacht!
Kopenhagen hat es geschafft bald 40 % des Berufsverkehrs aufs Rad zu verlagern. Kopenhagen hat dafür Geld in die Hand genommen und Kopenhagen hat es einfach gemacht. Obwohl das Wetter dort wirklich saumäßig sein kann, radeln die Koppis (darf man die so nennen?) wie die Blöden und mit einem Affenzahn durch die Stadt. Das Fahrradleitsystem fügt sich dabei ganz natürlich und einfach logisch in die Stadt ein. Was auf den ersten Blick nach Chaos aussieht, ist perfekt organisiert und funktioniert einwandfrei – und wenn einem plötzlich bewusst wird, dass sogar die Gehsteige zwei Spuren haben (subtil durch Pflastersteine angedeutet), muss man den Hut ziehen vor soviel einfachem Ordnungswillen und Umsetzungsqualität! Die Dänen haben es einfach gemacht. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen und Sachen auch einfacher machen, indem wir sie einfach machen. Einfach gut designed!
Design-Thinking im Blut
Und da sind wir auch schon beim großen Thema, das sich durch ganz Kopenhagen zieht: Design. So wie wir das Land der großen Bürokraten sind (z.B.: Joseph II, Metternich, Kreisky…) und dementsprechend an die Dinge heran gehen, hat man im Land von Jacobsen, Panton und Poulson natürlich bei allem was man tut einen Design-Approach. Was jetzt aber nicht heißt, dass es reicht wenn es gut ausschaut, es muss einfach passen. Form und Funktion müssen im Einklang stehen. Das gilt für die Stadtplanung, für den Wohnbau, die Einrichtung, das Besteck und sogar das Essen, das am Teller liegt. Bei allem steht der „User“ (so haben wir im digitalen Zeitalter den Menschen umbenannt) im Mittelpunkt, und zwar nicht dessen Sicherheit o.ä. – sondern sein Nutzen!
Frag dich was du für das Design des Südens tun kannst!
Bauen Dänen eine Streetfoodmarket auf (zum Beispiel den), fragen Sie sich nicht als erstes: Welche Verordnungen und Gesetze müssen wir beachten (bzw. können wir vielleicht noch zusätzlich erlassen oder novellieren), damit sich die Menschen dort dann nicht alle gegenseitig mit den Bierbänken die Schädel einschlagen, mit Messer und Gabel die Augen ausstechen oder die Food-Trucks in die Luft jagen, sondern die Dänen fragen sich: Wie bauen wir die Bänke, damit sich die Menschen wohl fühlen, wir aber trotzdem den Müll schnell beseitigen können? Welches Besteck nehmen wir, damit die Speisen gut zu essen sind und das ganze aber trotzdem logistisch handlebar bleibt, achja und wie machen wir das ganze so richtig schön? Ich schlage jetzt mal rundheraus vor: Das übernehmen wir im Süden. Wir nehmen das aktuelle Buzzword „Design-Thinking“ und machen es uns zu eigen. Wir üben das mit allen Bürokraten, Ämtern und Institutionen solange, bis es in Fleisch und Blut übergeht: Lieber Beamter, Verordner, Sicherheitsfuzzi: „Frag nicht was das Design für dich tun kann, sondern frag was du für das Design tun kannst!“
Lerne an den User zu denken!
Wenn man so einen userorientierten Designansatz lebt, und gleichzeitig ein kreatives Bildungssystem zulässt, dann verwundert es nicht, dass so etwas wie das Copenhagen Istitute of Interaction Design (CIID) entstehen kann. Eine internationaler Hub kreativer Köpfe, der Studierende, Kunden und Partner aus aller Welt zusammenspannt um voneinander zu lernen, gemeinsam zu forschen und ordentlich was los zu machen. Simon Herzog (übrigens ein Österreicher) hat uns dort rumgeführt und uns nach einem Crashkurs in Design-Thinking und einer kurzen Führung durch den Makerspace, bei der wir leider nicht mit dem Lego spielen durften, das dort rumlag (mimimi!) auch noch das NEST gezeigt, den kleinen, aber feinen Inkubator, der verschiedenste Mini-StartUps beherbergt. Unter anderem refugeetext.org, die ein Service anbieten, das Flüchtlingen die benötigten Infos dort und dann zu kommen lässt, wenn sie sie brauchen und das als simpler Chatbot der online und via sms funkt. Smart, einfach, nützlich und absolut am Puls der Zeit.
CoWorking: Lebenswerte Arbeitsplätze schaffen!
Apropos am Puls der Zeit. Im Süden sind wir ja beim Thema CoWorking schon ziemlich gut unterwegs, trotzdem haben wir uns in Kopenhagen noch ein paar sehr unterschiedliche Konzepte angeschaut.
Zum Beispiel das Founders House, das nur für „geladene“ StartUps nutzbar ist und nur die besten der besten aufnimmt. Darüber hinaus gibt es eine klare Konkurrenzklausel, was dazu führt, dass sich die StarUps untereinander helfen können. Denn wenn sich der UI-Designer vom digitalen Kunstvermarkter artboost mit einem von der vivino-Wein-App unterhält, dann sind sie keinen direkten Konkurrenten und können gut voneinander lernen. Soweit die Theorie, die recht gut zu funktionieren scheint, wie Erfolgsgeschichten wie das Rechtsberatugsservice Qntra, der Fahrtenbuchschreiber Driversnote, die Tech-Verknüpfer von Onomondo und die Kleidergrößenspezialisten von EasySize beweisen.
Einen anderen Ansatz verfolgt das „Launchpad“: Rainmaking Loft, das ziemlich stylisch, aber auch ganz schön teuer daher kommt. Wer es sich leisten kann, ist hier aber sicherlich gut aufgehoben.
Ich persönlich fühlte mich ja am besten im Co-Workingspace mit dem spröden Namen OBV 26 aufgehoben. Und das geht auch anderen Österreichern so, z. B. Adrian Rössler mit seinem PlayWithAPro, oder Sabrina Fetz und ihre charmanten Kunst-Desert-Mädels von Sweet Sneak.
Wir nehmen also mit: Wenn CoWorking-Space, dann bitte schön. Weniger Teppichboden mehr Estrich, weniger Büromöbel mehr Stil, weniger LakesidePark mehr Hafen11. Und wenn’s leicht geht, auch mal den Ferrari in den Gemeinschaftsraum parken!
Schwerpunkt setzen und Kurs halten: Tourismus-Innovation ftw?
Kopenhagen setzt in der Wissenschaft, in der Wirtschaft, und damit auch bei den StartUps und deren Förderung, stark auf Bio- und vor allem Food-Technologien. Das fußt natürlich in der dort angesiedelten Industrie und auch der verfügbaren universitäten Ausbildung. Zum Beispiel konnten wir uns bei einem Besuch der TU, und des dortigen „Labors“ DTU SKYLAB, auch von der Top-Ausstattung in diesem Bereich überzeugen.
Jetzt hat der Süden leider keine TU am Start, aber was wir schon lernen können, ist: einen sinnvollen Schwerpunkt zu setzen und diesen dann gewissenhaft zu verfolgen! Mit Brachialgewalt den 116. Technologie-Cluster von Links zu schaffen ist vielleicht nicht der richtige Weg (vor allem nicht ohne TU… die man allerdings schon auch gründen könnte). Da hat der Süden sicherlich andere Stärken. Wir könnten uns ja zum Beispiel auf den Tourismus fokussieren, hier innovativ werden, Anknüpfungspunkte für StartUps aus aller Welt bieten und so zum innovativsten Tourismusland Europas (der Welt?) werden während wir rundherum einen Tourismus-Innovations-Cluster aufbauen, wenn wir schon rumclustern müssen. Schließlich war Tourismus mal das Hauptthema in Kärnten, da wissen wir also bescheid, wir haben die entsprechende Infrastruktur und auch die Gäste an denen wir uns ausprobieren können.
LOS GEHT’S!
Das waren jetzt nur einige Denkanstöße und Ideen, es gäbe noch viel mehr zu erzählen, aber jedenfalls können wir hier im Süden einiges von D(a)enen lernen, soviel ist sicher. Aber es ist auch nicht alles so wunderbar im hohen Norden: Es ist zum Beispiel schweineteuer und arschkalt, aber das schlimmste ist: Kein BUSINESSBEACH weit und breit! Da könnten wir den Kollegen in Kopenhagen nächsten Sommer vielleicht mal zeigen, wie CoWorking unter der Sonne des Südens geht….
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